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Tatsache ist, dass in den letzten Jahrzehnten eine nicht enden wollende Diskussion über Wert und Unwert der Grammatik als Unterrichtskomponente stattfindet, vor allem unter dem Einfluss der kommunikativen Wende im Fremdsprachenunterricht. Es wäre also zunächst einmal gar nicht so müßig, die Entwicklung der Grammatik runter von ihrem Thron und hin zur bescheidenen instrumentalen Komponente des Sprachenlernens (sprach)geschichtlich zu verfolgen.

 

von Spiros Koukidis

 

 

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In früheren Jahren drehte sich im Sprachunterricht alles um die Vermittlung der Grammatik, möglichst einheitlich und ausführlich, es dominierte die „Grammatik-Übersetzungs-Methode (GÜM)“: Im Unterricht wurden entsprechend aufbereitete fremdsprachliche Texte grammatikalisch analysiert und übersetzt, die Regeln erklärt und eingeübt und anschließend Sätze aus der oder in die Zielsprache übersetzt. Ein anscheinend sicheres – und sicher todlangweiliges – Rezept, das sich gerade für den DaF-Unterricht anbot, denn das Sprichwort „deutsche Sprache schwere Sprache“ suchte und fand seine Berechtigung darin, dass die deutsche Grammatik ein ziemlich komplexes Gebilde mit ebenso vielen strengen Regeln wie zu beachtenden Ausnahmen ist.

An der Komplexität der deutschen Grammatik hat sich seitdem natürlich nichts geändert, der Blick darauf aber Gott sei Dank schon. Als Gegenbewegung zur GÜM entwickelte sich ein sinnvollerer Ansatz, die sogenannte „direkte Methode (DM)“. Die DM rückte nicht mehr die Grammatikvermittlung, sondern den natürlichen Spracherwerb in den Mittelpunkt. Sprache sollte – wie bei Kindern, die ihre Muttersprache lernen – durch Nachahmung gelernt werden, ohne das störende Dazwischenfunken der Muttersprache des Lerners.

Stellenwert der Grammatik im modernen DaF

Schön und gut, an der DM wurde jedoch bald kritisiert, dass die Überbetonung von Hören und Sprechen die Schriftlichkeit vernachlässigt und somit nicht alle Fertigkeiten gleichwertig behandelt werden. Außerdem haben Erwachsene im Gegensatz zu Kindern, die tatsächlich durch Nachahmen und Imitieren Sprache(n) lernen, ihre Sozialisation in der Erstsprache bereits abgeschlossen und sind oft nicht mehr offen für wiederholendes Nachsprechen. In der heutigen Fachliteratur wird mittlerweile auch das Prinzip der Einsprachigkeit kritisch betrachtet. Die Ausgangssprache stellt demnach kein Hindernis mehr dar, sondern hilft dabei, Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen oder auch um grammatische Phänomene schneller zu erklären. Und in der Regel kann ein Vergleich der grammatischen und sprachlichen Strukturen hilfreich beim Verstehen einer Fremdsprache sein.

Ab Mitte der achtziger Jahre bestimmt, im Zuge der beginnenden Globalisierung, welche die Anforderungen an die Weltbevölkerung bezüglich Sprachkenntnisse neu definiert, der sogenannte „kommunikative Ansatz“ die Entwicklung von Lehrmaterialien. Sprachen werden nicht als trockenes Wissen für eine mögliche spätere Verwendung gelernt. Ziel des Unterrichts ist die Kommunikationsfähigkeit zwischen Partnern unter Einsatz ihres kognitiven Wissens und ihrer kreativen Fähigkeiten. Das die Interessen der Lernenden berücksichtigende Lehrmaterial gestattet einen weitgehend offenen Unterricht mit unterschiedlichen Arbeits-, Sozial- und Übungsformen, die Grammatik wird im kommunikativen Kontext geboten, jedoch nicht als stringentes Regelwerk.

Inzwischen erlaubt der Gemeinsame europäische Referenzrahmen (GER) seit der Jahrhundertwende eine einleuchtende Antwort auf die Frage „Grammatik ja oder nein?“. Dazu genügt beispielsweise ein Blick in die Liste der Bewertungskriterien für die schriftliche bzw. mündliche Sprachproduktion schon ab B1-Niveau: Die grammatische Korrektheit wird am Maßstab der Verständlichkeit gemessen. Ein Grundsatz, der sich durch den modernen Sprachunterricht zieht, weg vom expliziten Regelwissen hin zur praktischen Anwendbarkeit der Sprache. Das bedeutet, dass Grammatik nicht als isoliertes System gelehrt, sondern in alltagsnahe Kommunikationssituationen eingebettet wird. Dabei muss man –  besonders als Lehrender – Maß halten und überlegen, ob zum gegebenen Zeitpunkt die Bewusstmachung der Formen und Strukturen besser weiterhilft als die bloße Nachahmung einer Struktur. Die Antwort darauf liefern die Lernenden: Lerner mit Vorwissen über Struktur und Aufbau von Sprachen verlangen oft das Bewusstmachen von Regeln. Neue grammatische Strukturen können sie besser erwerben, wenn sie sie verstehen. Die Regeln brauchen sie sowohl für die selbstständige Sprachproduktion als auch für die Selbstkorrektur. Lernungewohnten Kursteilnehmern hilft man dagegen eher, wenn man sie induktiv ans erforderliche Grammatikwissen heranführt. Als Erstes sollten einfache, überschaubare Regeln bewusstgemacht werden. Lerner mit einer grammatisch „reichen“ Muttersprache, z. B. Griechen, schätzen dagegen in der Regel explizite Grammatikvermittlung, was für US-Amerikaner oft ein Gräuel ist.

Die provokante Frage „Wie viel Grammatik braucht denn der Mensch?“ ist nicht einfach zu beantworten, weil in dieser Fragestellung etwas sehr Wichtiges außer Acht gelassen wird: der Wortschatz. Jede mögliche Antwort ist nämlich davon abhängig, wie breit man den Begriff „Grammatik“ fasst. Wenn man Grammatik auf die Bildung von Wortformen und die Verknüpfung von Wörtern zu Wortgruppen und Sätzen, d. h. Morphologie und Syntax, beschränkt, liegt man genauso falsch, wie wenn man annimmt, dass die gesamte Sprachwissenschaft weiter nichts ist als Grammatik. Grammatik im weiteren Sinn schließt aber neben Morphologie und Syntax auch den Wortschatz, die Semantik und die Phonetik ein. Grammatik und Wortschatz lassen sich in ihrer Funktion prinzipiell nicht trennen, verständliche Kommunikation ist sowohl mithilfe rein grammatischer Strukturen („Ich werde nach Hamburg fliegen“) oder auch nur durch lexikalische Mittel („Ich fliege übermorgen nach Hamburg“, am besten jedoch durch deren Kombination („Ich werde übermorgen nach Hamburg fliegen“) herzustellen.

Das Neue also ist: Der Wortschatz rückt beim Sprachenlernen immer mehr aus der Peripherie ins Zentrum der linguistischen Aufmerksamkeit und wird als wesentlicher Teil der Grammatik angesehen. Es kann keine wortschatzfreie Grammatik geben, wie auch kein grammatikfreier Wortschatz existieren kann. Hat man sich mit dieser Dualität auseinandergesetzt und sie verinnerlicht, dann erübrigt sich eigentlich die Suche nach einer Antwort auf die Frage nach dem Stellenwert der Grammatik im modernen Sprachunterricht. Grammatik formt – eben durch Konjugations-, Deklinations-, Pluralbildungs-, Wortbildungs- und Syntaxregeln – aus dem Wortschatz lebendige Sprache. Grammatik hält die Sprache zusammen, kann aber allein, ohne solide Wortschatzbasis nicht viel erreichen. Wer „gebrochenes Deutsch“ spricht, dem mangelt es an Grammatikkenntnissen und die gilt es aufzubauen. Und wer die Formen der über 150 einfachen starken Verben auswendig gelernt hat, jedoch die semantischen Unterschiede zwischen „ankommen, aufkommen, bekommen, auskommen, ...“ nicht kennt, der hat handfeste Wortschatzlücken, die gestopft werden müssen. Alles eine Frage von Grammatik.

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